Tag 14: So. 17.7.
Eqip sermia

Wecker Astrid warf uns 6:20 Uhr aus den Federn.  Es hatte die ganze Nacht geregnet und früh nieselte es. Heute soll es ganztägig nach Eqip sermia, einer Gletscherwand an der nordöstlichen Küste der Diskobucht gehen. Und zwar mit Willis Boot. Allerdings fahren vormittags nur Ute, Stefan und ich. Nachmittags folgen dann Heidi, Janke, Mauk und Manfred mit dem Schnellboot. Wir konnten nicht zusammen fahren, da nicht mehr soviel Plätze auf einem Boot frei waren. An Bord waren außer Willi  12 Passagiere. Hauptsächlich Deutsche und Franzosen. Da Tom nicht aus dem Bett kam, hatte Willi keinen Gehilfen. Kurzerhand übernahm ich den Job und teilte zuerst Kaffee und Tee aus. Dann ging die Fahrt los. Der Regen hatte aufgehört und nach und nach kam die Sonne raus. Einmal sahen wir sogar einen schönen Regenbogen.

Am Anfang fuhren wir noch an vielen größeren Eisbergen vorbei. Wir sahen auch wieder Oqaatsut. Die Fahrt war angenehm und ruhig. Später fuhren wir in den Atâ Sund, einer Meerenge, die die Insel Arve-Prinsens Ejland von der Hauptinsel trennt. Hier gab es kaum Eis, denn das treibt weiter westlich entlang. Daher ist es hier auch etwas welliger. Weiterhin gab es einen schönen Gletscher-Wasserfall zu bestaunen. Da ich nun Willis Gehilfe war, bot er mir an, das Schiff zu steuern. Und so hatte ich 20 Minuten lang das Steuerrad in der Hand. Die Gegend war völlig eisfrei und wir mussten nur geradeaus fahren, sodass das kein Problem darstellte. Nur ca. 100m weg von der Küste sollte ich bleiben, damit wir nicht auf Felsen im Wasser auflaufen. Es war ein schönes Gefühl, 13 Leute an der grönländischen Küste entlang zu schippern. Vor allem war es interessant zu sehen, wie so eine Servolenkung auf dem Boot funktioniert. Das ist ganz anders als Autofahren. Ein Boot reagiert viel träger, dann aber mit Macht.

Nach über 3 Stunden tauchte erst der Kangilerngata sermia und kurz darauf der Eqip sermia in unserem Blickfeld auf. Ein Stück weit vor dem Gletscher wird das Eis wieder dichter. Es sind aber fast keine Eisberge, sondern kleineres Gekrissel mit mehreren Metern großen Eisschollen. Man sieht kein Wasser mehr, es ist komplett damit bedeckt. Willi hatte das Steuer wieder übernommen und fuhr ganz langsam durch das Eis. Die Schläge der Eisschollen sind enorm, auch wenn man langsam fährt. Ca. 400m vor dem Gletscher hielten wir an. Wir waren am nördlichsten Punkt unserer Reise angekommen, etwas über 69° 48'. Vom Eqip sermia brechen viele Eisteile ab und stürzen ins Wasser. Wir hatten richtig Glück und sahen fast dauernd etwas zerbröseln. Die Eisabbruchkante des Gletschers ist ungefähr 5 km breit. Da kann viel passieren.

Näher traute sich Willi nicht ran. Wenn eine größere Wand einstürzt, gibt es eine Flutwelle und durch die Eisschollen lässt es sich nicht schnell flüchten. Es war aber auch nicht nötig weiter ran zu fahren. Ein anderes Boot scheute sich nicht und näherte sich sehr dem Gletscher.

Auf jeden Fall waren die Eismassen beeindruckend. Nun war Mittagszeit. Als Schiffsjunge stellte ich die Tabletts, den Kaffee und Tee hin. Es gab wieder Lachs, Zwergwal und Heilbutt. Ich machte es mir draußen auf dem Boot bequem und aß hier alleine. So konnte ich die Stille und das gelegentliche Donnern des Eises voll genießen. Später kamen die Anderen auch raus und wir filmten und fotografierten, was der letzte Strom hergab. Nach 2 Stunden verabschiedeten wir uns vom letzten Höhepunkt unserer Reise und fuhren zurück gen Ilulissat. Unterwegs sahen wir das Boot mit dem anderen Teil der Gruppe. Heidi hatte uns auch gesehen und winkte uns zu. Sie waren erst 15 Uhr gestartet. Vor dem Eqip sermia besuchten sie noch ein verlassenes Dorf namens Atâ und bekamen dort auch ihr Mittag serviert. Im Gegensatz zu uns hatten sie am Gletscher aber Pech. In den 45 Minuten, die sie dort waren, soll nicht ein einziges Stück Eis abgebrochen sein. So unterschiedlich kann das sein. Ansonsten war wohl die Reiseleitung auch nicht besonders.


Die erste Zeit der Rückfahrt saß ich oben auf dem Dach des Schiffes. Die Sonne schien nun schon länger aus fast wolkenlosem Himmel. Willi kam dann auch hinzu. Er hat sich ein Steuerrad hochlegen lassen, sodass er auch vom Dach lenken kann. In der offenen Diskobucht kamen wieder die Eisberge.

Ab Oqaatsut durfte ich nochmals fahren. Eine halbe Stunde lang steuerte ich das Boot nun sogar durch recht große Eisberge. Irgendwie muss man immer an die Titanic denken. Auf jeden Fall haben meine Fahrt alle überlebt. Durch die jetzt etwas tiefstehendere Sonne waren die Eisberge schön beleuchtet. Heute wäre die Mitternachtsbootstour besser gewesen. Lässt sich aber nicht ändern.

Kurz vor 19 Uhr kamen wir im Hafen an und wurden zum Zeltplatz gefahren. Heute gab es zum Abendessen leckerste Robbensteaks. Die sehen fast schwarz aus und erinnern vom Geschmack an Rind und Leber. Wobei die Konsistenz noch feiner als die der Walsteaks ist.

Gegen 22 Uhr kam der Rest der Truppe. Bei dieser schönen tiefstehenden Sonne entschieden wir uns noch ein Stück auf dem gelb markierten Weg auf einen Hügel zu laufen um den Eisfjord anzuschauen. Dabei kamen wieder einige schöne Fotos heraus.

Morgen wird unser letzter Tag in Grönland sein. Da wollen wir diesen gelben Weg laufen. So legen wir uns ein allerletztes Mal ins Zelt.

  

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